Der silbergraue Heinz Luy ist ein rühriger Konditor: Er kümmert sich sehr aktiv um die Lehrlingsausbildung in der Innung und engagiert sich auf Messen und Ausstellungen. Es macht mir Spaß bei ihm zu sitzen und seinen Geschichten zuzuhören, die er mit singender rheinischer Stimme erzählt.

Man muss etwas aus Koblenz raus fahren, um zum Kemperhof zu kommen. Das Cafè liegt gegenüber vom Krankenhaus, neben Marktplätzen und Parks ein typischer Kaffeehausstandort: Nach der Begegnung mit der Krankheit braucht die Seele süßen Trost.

 

 

Das Cafè Luy ist ein echter Familienbetrieb: Seit die Seniorchefin wegen Krankheit nicht mehr so mitarbeiten kann, sieht man Heinz Luy wieder häufiger im Laden. Sein kreativer Sohn Hans-Michael, ebenfalls Konditormeister, entlastet ihn in der Backstube. Dessen Frau Roswitha arbeitet im Verkauf und im Service. Und dazwischen hüpfen auch schon mal die beiden Enkelkinder durchs Geschäft.

Im Sommer sitzt man angenehm auf der Terrasse oder, wie in der City, auf dem Trottoir. Beim üppigen Frühstück ist die Tageszeitung übrigens im Preis eingeschlossen. Der Laden ist nicht sehr groß und teilweise überfrachtet von Mitbringseln für Kinder: Service für die Kinderklinik gegenüber.
Die Kuchentheke bietet durch ein Schubsystem auf kompaktem Raum eine ungewöhnlich große Auswahl der köstlichsten Torten. Als ich die leckersten verkoste, erklären mir die Luys ihre Philosophie: 'Der Eigengeschmack muss bleiben, man muss wissen, was man isst'.
Schon bei der Spezialtorte schmecke ich, was sie meinen: Das Gemisch aus Makronenboden, Nougat-Grillage-Boden mit Nüssen und Krokant, Nougatcreme und Haselnussglasur auf meiner Kuchengabel schmeckt nicht nur einfach süß, sondern sehr intensiv nach Nuss.

 

 

Lecker auch die Champagnercreme: Fünf Schichten dunkler Biskuit im Wechsel mit Kuvertüre schmecken locker und luftig, der Champagner ist deutlich wahrnehmbar.
Für Freunde der hohen Tortenkunst ist die Senatorentorte ein Muss: Luy ist ein 'Gaumenkitzler' gelungen, wie er es nennt. Die aufwendige Torte wartet mit immer neuen Geschmackserlebnissen auf: Wienerboden mit Rum getränkt, Baumkuchen mit Rum, mit Kirschwasser getränkte Kirschen in Sandmassecoupons, eingeschlagen in Marzipan, aufgerollt, darunter Maragioncreme als Haut, darüber eine bittere Kakaodecke. Genauso vielfältig wie die Bestandteile sind die Geschmacksgipfel, die man beim Verkosten dieser Torte erklimmt.

 

 

Nicht nur wegen der Atmosphäre ist das Cafè am Kemperhof kinderfreundlich, sondern auch wegen des Angebots. Die Dalmatinertorte mit Buttersandmasse, Erdbeerstückchen, Vanillecreme und der Verzierung mit dem Hund aus Schokolade kommt bei Kindern gut an.
Hochzeitstorten sind das Hobby von Hans-Michael Luy, erstaunliche Meisterwerke hat er schon kreiert. Er übt auch geschickt die alte Kunst des Zuckerblasens aus: Ich bin nur Handwerker' meint er eher bescheiden.
Ein Dutzend Sorten selbstgemachter Pralinen, eine eigene umfangreiche Cappuccinokarte und ein ansprechendes Repertoire an kleinen Gerichten runden das komplette Cafesortiment ab.
Hochbetrieb herrscht am Wochenende, wenn die Kundschaft von weither kommt, um sich eine der köstlichen Torten zu sichern. Dann freut sich der umtriebige Heinz Luy und sieht den Lohn der Mühe.